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(Rechtshinweis)

Stand: 15. Juni 2012

Zero:e Park
- Nullemissionssiedlung in Hannover-Wettbergen -
Exkursionsbericht der IfR-Regionalgruppe Niedersachsen (Braunschweig/Hannover)
von
Dr. Frank Schröter

 

Die Exkursion fand im Rahmen der Treffen der IfR-Regionalgruppe Niedersachsen (Braunschweig/Hannover) statt. In der wärmeren Jahreszeit wird das Regionalgruppentreffen durch eine Exkursion (mit Führung) zu einem planerischen Thema eingeleitet.

 

Am Freitag, dem 08. Juni 2012 traf sich die IfR-Regionalgruppe Niedersachsen (Braunschweig/Hannover) in Hannover, um sich im Stadtteil Wettbergen den Zero:E Park anzusehen. Hier entsteht derzeit mit rund 300 Eigenheimen in Passivhaus-Bauweise die größte Siedlung seiner Art in Deutschland und die größte Null-Emissionssiedlung in ganz Europa.

Nachdem die IfR-Regionalgruppe sich bereits im Juni 1999 die ersten Passivhäuser in Hannover (Siedlung Lummerlund am Kronsberg) angesehen hat, waren wir gespannt auf die Umsetzung im größeren Maßstab. Zunächst begrüßte uns Herr Andreas Kutscher, Geschäftsstellenleiter Hannover der NLG, und erläuterte uns das Grundkonzept und die Historie der Siedlung. Nachdem bereits 2006 der städtebauliche Wettbewerb entschieden war, dauerte es noch bis 2010, bevor auch der Bebauungsplan rechtsverbindlich war. Danach beschrieb uns Frau Ehrenberg-John, Bezirksplanerin Stadtplanungsamt, das Planverfahren und die Feinheiten des Bebauungsplans (vgl. Abb. 1). Zu erwähnen ist hierbei insbesondere die Festsetzung einer "Hüllkurve". "Die sogenannte Hüllkurve setzt die Höhengrenze für die zukünftigen Baukörper fest, jedoch nicht die Gebäude oder Dachform. So dürfen die Gebäude an der jeweils nördlichen Baugrenze der zweigeschossig bebaubaren Fläche bis zu 8 m hoch und an der jeweils südlichen bis zu 11 m hoch errichtet werden. Die Oberkante des jeweiligen Baukörpers muss unterhalb der dadurch bestimmten Verbindung liegen" (Bauherrenhandbuch (PDF-Dokument, 2.72MB): 14). Abschließend gab uns Frau Andrea Gremmer, Grundstücksvermarktung NLG, Auskunft zur Vermarktung der Baugrundstücke. Insgesamt läuft die Vermarktung (bei allen Anbietern) gut. Selbst im zweiten Bauabschnitt sind bereits die meisten Grundstücke verkauft. Bevorzugt werden dabei die Grundstücke mit der Norderschließung, während die Süderschließung (durch den eigenen Garten) nicht so stark nachgefragt wird.

Der Passivhausstandard wurde über städtebauliche Verträge umgesetzt, die eine Vertragsstrafe von bis zu 15.000 EUR vorsehen, wenn der Nachweis der Erreichung des Passivhausstandards nicht geführt werden kann. Gleichzeitig gibt es für die Grundstückskäufer eine Bauverpflichtung, innerhalb von zwei Jahren zu bauen. Ansonsten greift die vertraglich vereinbarte Rückgabeverpflichtung. Die jährlich entstehenden Emissionen von ca. 900 t CO2 (u.a. elektrische Energie für Lüftungen, Wärmepumpen) werden durch ein Wasserkraftwerk kompensiert. Der Bau des Wasserkraftwerkes ist in den Grundstückspreisen bereits berücksichtigt. Die Grundstückspreise liegen zwischen 175 und 250 EUR/qm (erschlossen). Die höchsten Preise werden dabei in der Nähe zum Naturschutzgebiet erzielt.

Beim Entwurf der Siedlung wurden die energetischen Anforderungen sehr stark berücksichtigt, so dass städtebauliche und gestalterische Aspekte zurücktreten mussten. Das städtebauliche Konzept ist daher eher einfach strukturiert (vgl. Abb. 2). Der Anteil der (energetisch eher ungünstigen) freistehenden Einfamilienhäuser beträgt ca. 65 %, zur Straße sind einige Reihenhauszeilen angeordnet. Die Grundstücksgrößen liegen zwischen 166 und 579 qm. Das Nettobauland beträgt insgesamt 53%, während die Grünflächen eine Gesamtgröße von 7 ha haben. Das Regenwasser wird über private Mulden in öffentliche Mulden und dann ins Regenrückhaltebecken abgeleitet. Durch den Anteil an der privaten Muldenrigole erhöht sich die Gesamtgrundstücksfläche auf bis zu 645 qm. Zu allen öffentlichen Flächen sind Hecken planungsrechtlich festgesetzt.

Hinsichtlich des Gesamtkonzeptes "Nullemissionssiedlung" ist anzumerken, dass bei der Umsetzung der gesamte Bereich der Mobilität (bewusst) unbeachtet blieb. Aufgrund der ungünstigen Rahmenbedingungen wurden die im Rahmen der privaten Mobilität entstehenden Emissionen nicht berücksichtigt. Die Siedlung liegt eher am Stadtrand von Hannover. Mit dem Fahrrad zur Innenstadt dauert es etwas 30 Minuten, die existierende Bus-Anbindung weist eher einen niedrigen Bedienungsstandard auf und die Stadtbahnverlängerung ist planungsrechtlich auch noch nicht gesichert. Letztlich werden viele der Haushalte zwei Pkws besitzen und bei deren Nutzung CO2 produzieren! Hier wäre ein vernünftiges Konzept für die Nutzung des ÖPNV und der Einbezug alternativer Mobilitätsformen (z. B. Car-Sharing) bereits im Planungsstadium wünschenswert gewesen. Eine Nullemissionssiedlung erfordert die ganzheitliche Betrachtung der entstehenden Emissionen!
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Abb. 1 IfR-Regionalgruppe vor den Plänen   Abb. 2 Städtebaulicher Entwurf des Zero:E Park

Interessant waren auch die Ausführungen zur Bodenordnung und zum freiwilligen Umlegungsverfahren. Im Vorfeld haben die Vermarktungspartner möglichst viel Grund und Boden im Planungsgebiet aufgekauft (vgl. Abb. 3). Nach der Bodenordnung wurden die Grundstücke dann so verteilt, dass alle Partner in allen Bauabschnitten Grundstücke besitzen (vgl. Abb. 4).

 
Abb. 3 Grundstücksbesitz vor der Bodenordnung   Abb. 4 Grundstücksbesitz nach der Bodenordnung

Zur Versorgung der Bewohner des neuen Baugebiets ist auch ein Supermarkt mit 1.300 qm Verkaufsfläche geplant. Interessant hierbei ist, dass der Supermarkt ebenfalls in Passivhausbauweise errichtet wird (vgl. Abb. 5). Das Passivhaus-Institut in Darmstadt erarbeitet an diesem Projekt Standards für künftige Passivhaus-Supermärkte.

"Im Jury-Protokoll heißt es weiter: „Positiv gewertet wird die Fassade als Holzverkleidung in bewegter Anordnung. Die Materialwahl von Holz als nachwachsender Rohstoff wird in Bezug auf den Klimaschutzaspekt des gesamten Baugebiets besonders begrüßt. Die Holztafelbauweise mit vorproduzierten Fertigteilen gilt zudem als kostengünstig. Die farbigen Lichtkästen auf dem Dach bieten für Passanten und Kunden interessante Ansichten. Die Einhausung der Lieferzone nimmt Rücksicht auf die angrenzende Wohnnachbarschaft und schafft mit ihrer bewegten Traufe eine belebte Raumkante.“ (Pressemeldung meravis vom 17.08.2010)  
    Abb. 5 Bauschild für den Supermarkt in Passivhausbauweise

Nach den einführenden Informationen hatten wir die Gelegenheit zwei Passivhäuser der Firma CAL-Classic-Haus GmbH zu besichtigen  (vgl. Abb. 6 - 7). Die Entstehungsgeschichte des Hauses kann auf der Homepage der Firma nachvollzogen werden. Die Mehrkosten durch den Passivhausstandard wurden mit ca. 35.000 EUR angegeben. Unterschiedliche Ansichten gab es zur Lüftungstechnik, die durch die sehr hohe Luftdichtigkeit und die Verhinderung möglicher Wärmeverluste durch das Öffnen von Fenstern, erforderlich wird. Geht hierdurch ein Stück Lebensqualität verloren, oder gewinnt man durch die gleichmäßigere Wärmeverteilung und gereinigte Luft sogar Lebensqualität!?

 
Abb. 6 Passivhaus   Abb. 7 IfR-Regionalgruppe im Passivhaus


Rein äußerlich sieht das Siedlungsgebiet Zero:E Park nicht anders aus, als "normale" Baugebiete (vgl. Abb. 8). Der geringe Energieverbrauch ist von außen nicht erkennbar. Wer der Meinung war, Passivhäuser erkennt man sofort bzw. Passivhäuser sehen anders aus, wird eines besseren belehrt.


Abb. 8 Panorama der Zero:E Park-Siedlung (1. Bauabschnitt)

Die Exkursion endete dann in einem Biergarten in der Nähe des Zero:E Park.

 

Anmerkung:
Alle Fotos: Dr. Frank Schröter

Frank Schröter
IfR-Regionalgruppe
Niedersachsen (Braunschweig/Hannover)

 

Interessante Links:

 

e-mail   f.schroeter@tu-bs.de