Stand: 25. Juni 2008 |
Entwicklung
ländlicher Räume durch Flurneuordnung
Fahrrad-Exkursionsbericht
der IfR-Regionalgruppe Braunschweig/Hannover
von
Dr.
Frank Schröter
Die Exkursion fand im Rahmen der Treffen der IfR-Regionalgruppe Braunschweig/Hannover statt. In der wärmeren Jahreszeit wird das Regionalgruppentreffen durch eine Exkursion (mit Führung) zu einem planerischen Thema eingeleitet. |
Am Samstag, dem 12. Mai 2001 trafen sich die Mitglieder der IfR-Regionalgruppe Braunschweig / Hannover zu ihrer nun schon traditionellen jährlichen Radtour. Zusammen mit Freunden, Lebensgefährtinnen und Kindern führte die Tour durch die neuen Bundesländer (vgl. Abb. 1). Thema war Bodenordnung und Dorferneuerung. Die Tour war von Ulrich Fey sehr gut vorbereitet und ausgearbeitet worden (vgl. Abb. 2) und um das Ergebnis vorwegzunehmen, es war auch dieses Jahr wieder eine sehr schöne Tour.
Abb. 1 Mit dem Rad auf dem Weg zu neuem Wissen Abb. 2 Ulrich Fey erläutert das Prinzip der Landentwicklung durch Flurneuordnung
Treffpunkt war wieder der Platz vor dem Hauptbahnhof in Braunschweig. Nachdem auch die letzten Räder verladen waren, konnte es losgehen (vgl. Abb. 3).
Abb. 3 Mit der Bahn nach Schladen In der ehemaligen DDR konnten die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPGen) und Eigenheimer auf fremden Grund und Boden bauen. Grundlage für die Nutzung eines Grundstückes war i.d.R. die Verleihung eines dinglichen Nutzungsrechtes (Nutzungsurkunde, Gebäudegrundbuch) oder ein Kraft Gesetz bestehendes Nutzungsrecht.
In den neuen Bundesländern entstanden so etwa 200.000 Eigenheime und 50.000 Wirtschaftsgebäude auf fremden Grund und Boden. Vom Grundeigentum getrenntes Gebäudeeigentum bedeutet für beide Eigentümer oftmals sozialen Unfrieden und ein großes Investitionshemmnis. Das Gebäude ist nicht kreditfähig. Der Boden kann nur beschränkt beliehen oder verkauft werden. Eine Möglichkeit diese Probleme zu lösen, stellen Bodenordnungsverfahren nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz dar. Im Rahmen dieser Verfahren wird das getrennte Eigentum an Boden und Gebäuden zusammengeführt und verstreuter Landbesitz neu geordnet, vermessen und abgemarkt (vgl. Abb. 4). Die Flurstücke werden verkehrsfähig.
Die Bodenpreise, die der Abfindung bei den Bodenordnungsverfahren zugrunde liegen können in freier Einigung der Teilnehmer festgelegt werden. Falls eine Einigung nicht zu Stande kommt, und das ist oft der Fall, wird ein Verkehrswertgutachten vom Amt für Landwirtschaft und Flurneuordnung (ALF) oder vom Katasteramt angefertigt.
Die Bodenpreise werden für baureifes Land ermittelt und liegen am Harzrand oft nur bei wenigen DM (oft unter 10 DM). Nach dem Teilungsmodell des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes wird die sogenannte Funktionalfläche des Gebäudes (ca. 500 qm) zum halben Wert an den Gebäudeeigentümer abgegeben. Weitere Grundstücksteile zum vollen Preis. Der weichende Bodeneigentümer hat nach dem Flurbereinigungsgesetz Anspruch auf eine Landabfindung. Dieser Anspruch macht das Geschäft für die ALF so schwierig, denn das ALF muss, wenn der Eigentümer eine Geldabfindung ablehnt, geeignetes Ersatzland suchen. Dann müssen für das Gebäudeflurstück und das Ersatzland jeweils ein Verkehrswertgutachten erstellt werden. Durch diese Problematik bleiben einige Verfahren "hängen" und es geht von Widerspruch zu Gericht und wieder von vorne los. Diese Verfahren ziehen sich jahrelang hin und oft sinkt der Bodenwert weiter und der Landeigentümer bekommt zum Schluss noch weniger als bei einer gütigen Einigung.
Ein weiteres Ziel dieser Verfahren ist auch die Berücksichtigung ökologischer Aspekte. Beispielhaft seien hier die Anpflanzung/Erhaltung von Feldrainen, Feldgehölzen, Hecken, usw. zur Biotopvernetzung, zum Gewässerschutz und zur Verminderung von Winderosion genannt.
Im Rahmen der Verfahren wird das landwirtschaftliche Wegenetz funktionstüchtig ausgebaut. Dazu wird eine hohe staatliche Förderung von bis zu 90% gewährt. Um den Versiegelungsgrad beim Ausbau möglichst gering zu halten und um eine weitgehende Wartungsfreiheit zu erzielen, erfolgt der Wegebau überwiegend als Betonspurbahn. Diese Ausbauart sieht für jedes Rad einen 1m breiten Betonstreifen vor (vgl. Abb. 5). Zwischen den Streifen wird Schotter eingebaut. Er ist wasserdurchlässig und begrünt sich schnell.
Die Wege waren vor dem Ausbau oft unbefestigte Sandwege oder Graswege. Selten waren sie mit Natursteinen gepflastert. Die Breite von 3m plus 2 x 0,5m Bankett beim Neubau ist ausreichend, denn es werden alle 300-400m Ausweichstellen in 4,5m Breite gebaut. Früher waren die Wege auch nur 3m breit. Im Süden von Sachsen-Anhalt ist das anders, dort sollen öfters breitere Wege gebaut werden. Die Rübentransporter wiegen bis zu 30 Tonnen. Da hält auf Dauer nur Betonspurbahn. Heutzutage fahren oft Sattelschlepper bis an den Acker heran, weil die Rüben oft weit transportiert werden müssen. Es gibt immer weniger kleine Zuckerfabriken zu denen die Landwirte mit dem Trecker fahren können.
Abb. 4 Eigentumssituation vorher / nachher Abb. 5 Wegebaumaßnahmen Nach diesen umfangreichen Erläuterungen zu den vielfältigen Aspekten der Bodenordnungsverfahren ging es weiter mit unserer Tour. Auf unserem Weg durch die neuen Bundesländer sahen wir sie dann, die blühenden Landschaften (vgl. Abb. 6). Das Wetter war (fast) schon zu schön. Eine willkommene Erfrischung waren daher die freundlicherweise von der Gemeinde zur Verfügung gestellten Getränke und natürlich die natürlichen Erfrischungsquellen (vgl. Abb. 7)
Abb. 6 Blühende Landschaften Abb. 7 Eine kleine Abkühlung
Auf der Tour sahen wir auch gelungene Beispiele für die im Rahmen der Flurneuordnung durchgeführten Dorferneuerungen. Exemplarisch sei hier nur die Gemeinde Badersleben erwähnt. Hier wurden alte dörfliche Strukturen behutsam wiederhergestellt und mit zeitgemäßen Nutzungsanforderungen verknüpft (vgl. Abb. 8). Das renovierte ehemalige Nonnenkloster Marienbeck lädt als Tagungsherberge zu einem Besuch ein. Abb. 8 Beeindruckende Dorferneuerung in Badersleben Den Abschluss unserer Tour bildete dann in Braunschweig wieder die Einkehr in einer Gaststätte, wo wir bei gutem Essen über die vielfältigen fachlichen Eindrücke diskutieren und uns das wohlverdiente Bier schmecken lassen konnten.
Frank Schröter
IfR-Regionalgruppe
Braunschweig/Hannover
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