Stand: 25. Juni 2008 |
Herbstvortrag 2001
Die Herbstvorträge sind eine Vortragsreihe, die jedes Jahr von der IfR-Regionalgruppe Braunschweig/Hannover in Braunschweig veranstaltet werden. Die Teilnahme an den Vorträgen ist in der Regel kostenlos. |
Stadtregion
Braunschweig/Salzgitter/Wolfsburg
– Eine implodierende Region
Auswirkungen des Bevölkerungsrückganges bis 2015
Dipl.-Geogr.
Siegfried Thom, IfR
Zweckverband Großraum Braunschweig
Unter diesem Titel stand der diesjährige Herbstvortrag der Regionalgruppe Braunschweig / Hannover, den Dipl.-Geogr. Siegfried Thom, IfR-Mitglied und Mitarbeiter des Zweckverband Großraum Braunschweig (ZGB), am 26. Oktober 2001 in Braunschweig gehalten hat. Dieser Vortrag war der letzte in einer Reihe von Vortragsveranstaltungen der Regionalgruppe, die im März mit einer halbtägigen Veranstaltung zum 10jährigen Bestehen der Regionalgruppe begonnen haben ("Raumplanung in und für die Region Braunschweig"), im Juni mit der IfR-Jahrestagung "Städte im Spagat" fortgesetzt wurden und nun mit dem Herbstvortrag im Oktober ihren Abschluss gefunden haben.
Auch der Herbstvortrag ist auf großes Interesse in der Region gestoßen und so war der Seminarraum des Instituts für Verkehr und Stadtbauwesen bis auf den letzten Platz gefüllt. Neben interessierten Bürgerinnen und Bürgern waren Vertreter der umliegenden Gemeinden, sonstiger planender Institutionen und Vertreter der politischen Parteien gekommen.
Nach einem kurzen orientierenden Überblick über die bisherige Bevölkerungsentwicklung in der Region arbeitete Siegfried Thom sich mit seinen Ausführungen bis auf Stadtteilebene herunter. Deutlich wurde die Trendumkehr von einer demographisch wachsenden zu einer schrumpfenden Region aufgezeigt. Intraregional ist der Bevölkerungsrückgang räumlich zu differenzieren in schrumpfende großstädtische Kernräume, wachsendes Stadt-Umland und sich entleerende periphere ländliche Räume. Innerhalb dieser Teilräume wiederum liegen Ortsteile bzw. Quartiere mit Wachstum und Schrumpfung dicht beieinander. Am Beispiel der Großstädte zeigte Siegfried Thom erste Reaktionen auf die absehbare Bevölkerungsentwicklung, die von der verstärkten Ausweisung von Einfamilienhäusern bis zum Rückbau von Wohnhochhäusern in Großsiedlungen reichten.
Im zweiten Teil seines Vortrages stellte Siegfried Thom die Ergebnisse der Bevölkerungsprognose des Instituts für Entwicklungsplanung und Strukturforschung (IES) vor. Bis zum Jahr 2015 wird in der Region ein Bevölkerungsrückgang von 17.000 Personen erwartet. Hierbei liegt die besondere Problematik weniger in der absoluten Menge begründet, sondern vielmehr in der erwarteten räumlichen Umverteilung der Bevölkerung nach den oben beschriebenen Trends. Einher geht eine Überalterung der Bevölkerung, wovon sowohl die Großstädte als auch die Städte und Gemeinden in den peripheren Räumen besonders betroffen sind. Aufgrund der natürlichen Fluktuation wird der Schrumpfungsprozess in diesen Teilräumen nach dem Jahr 2015 besonders deutlich zu Tage treten. Die gegenwärtige Strategie der Groß- und Mittelstädte der Region besteht darin, durch Ausweisung von insgesamt ca. 25.000 Wohneinheiten insbesondere im Bereich des Ein- und Zweifamilienhausbaus der Abwanderung ins Umland entgegenzuwirken.
Mit den Auswirkungen des Schrumpfungsprozesses auf den Wohnungsmarkt beschäftigte sich der dritte Teil des Vortrages. Thom erläuterte, dass es voraussichtlich zu einer Veränderung der Struktur von Angebot und Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt kommen wird. Aufgrund der alterstrukturellen Veränderungen wird die Zahl der potentiellen Eigentumsbilder zurückgehen, während gleichzeitig die Zahl der potentiellen Wohnungsabgeber wächst. Ein möglicher Überhang an Wohnungen kann jedoch mittelfristig nur dort erwartet werden, wo bereits jetzt die Bevölkerung stark überaltert ist und relativ gering besetzte junge Jahrgänge nachwachsen. In den anderen Teilräumen sorgt der Trend zu immer kleineren Haushaltsgrößen für eine weitere Wohnungsnachfrage. Bezogen auf die Stadt Braunschweig wird sich beispielsweise die aktuelle Haushaltsgröße von derzeit 1,82 auf 1,66 Personen je Haushalt im Jahre 2015 verringern, was rechnerisch zu einem Bedarf von 8.000 zusätzlichen Wohneinheiten führen wird. Es ist jedoch fraglich, ob dieser rechnerische Neubedarf tatsächlich am Wohnungsmarkt nachgefragt werden wird. Hierzu ist zu klären, welcher Anteil bei dieser Prognose auf "alte Haushalte" entfällt, das heißt Haushalte, die bereits mit Wohnraum versorgt sind.
Im letzten Teil seines Vortrages ging Siegfried Thom dann auf die besondere Problematik der kleinen Gemeinden (< 500 Einwohner) in der Region ein. Diese Gemeinden können in besonderem Maße von der räumlichen Umverteilung der Einwohner und den altersstrukturellen Veränderungen betroffen sein. Im Extremfall muss ein "Wüstfallen" der Gemeinden befürchtet werden, das Entstehen von Geisterdörfern ist ein mögliches Szenario. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, inwieweit das raumordnerische Leitbild der dezentralen Konzentration, d.h. die zum Erhalt der Infrastruktur notwendige Konzentration der Förderung auf die Zentralen Orte, diese Tendenzen noch verstärkt. Es ist absehbar, dass die Entwicklung der Städte und Gemeinden in Zukunft in noch stärkerem Maße als bisher von ihrer Wohnqualität abhängen wird.
Aus dem Vortrag und der sich anschließenden Diskussion zeichnete sich deutlich ab, dass differenzierte räumliche Konzepte für Städte, die Gemeinden im direkten Stadtumland und das sonstige Umland entwickelt werden müssen. Hier liegen auch die Anforderungen, die an das Forschungsprojekt "STADT+UM+LAND 2030" gestellt werden müssen, das im Rahmen des Wettbewerbs "Stadt 2030" in der Region durchgeführt werden wird. Bei diesem Projekt unter Federführung des ZGB geht es schwerpunktmäßig um die Entwicklung von Leitbildern (in einem dialogorientierten Prozess, u.a. durch ein Bürgergutachten) für den Raum Braunschweig-Salzgitter- Wolfsburg unter Aspekten stadt-regionaler Schrumpfungsprozesse.
Abschließend kann festgehalten werden, das es der Regionalgruppe wieder gelungen ist, ein für die Region interessantes Thema aufzubereiten und die Herbstvorträge der IfR-Regionalgruppe Braunschweig/Hannover mittlerweile zu einer festen Größe in der Region geworden sind.
, IfR
(Regionalgruppensprecher)
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